Ausschnitt aus der Sendung „Bayerntour“ (Bayerisches Fernsehen, 10.06.2009):
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Eigentlich haben wir uns schon um drei verabredet, aber ich werde noch vom Chef belagert, so dass ich erst um halb vier loskomme, und dann kurz vor vier bei Martin und Felix bin. Im Zickzack lotst uns Martin aus München heraus, trotz Nebenstraßen gibt es viele idiotische Autofahrer, dann geht es auf der üblichen Strecke südlich an Dachau vorbei und über Odelzhausen und Adelzhausen. Es ist ein trübes, kühles Wetter, wir haben leichten Gegenwind, an den Abfahrten falle ich immer zurück, bei Aichach bin ich schon langsam etwas fertig. In Ehekirchen machen wir dann endlich eine Pause, die ich brauche; wir essen was, halten uns aber nicht zu lange auf, da es kalt wird; die Sonne geht gerade unter. In der Dunkelheit geht es weiter; in Burgheim ärgern mich ein paar Auto-Proleten, dann kommt das Wellheimer Tal (das sich endlos zieht), bei Solnhofen fühle ich mich schon wieder ziemlich platt, und muss das letzte Stück nach Osterdorf schieben. Mann bin ich am Ende. Trotz viel Langlauf diesen Winter, aber in diesem kühlen Wetter komme ich einfach nicht in Fahrt. Wir kochen mitgebrachte Nudeln, Topf haben wir, aber kein Salz – aber Erdnüsse, dann nehmen wir halt die dazu. Und dann geht es schon bald ins Bett.
Das Brevet startet am nächsten Morgen bei leichtem Regen; man wird nicht wirklich nass, aber motivierend ist es nicht gerade. Martin ist auf und davon; Felix wollte mit mir zusammen fahren, kann sich aber auch nicht bremsen und zieht davon, und Rainer, noch ein Liegeradler aus München, erst recht (er hatte gestern frei und ist schon früher angereist). Mit dem Gegenwind geht es recht zäh bis Pfahldorf; dann kommt die schöne Abfahrt hinunter ins Altmühltal, 72 km/h, und dank GPS biege ich unten in Kipfenberg richtig ab, ohne Schwung zu verschenken. Dann wieder langsam bergauf auf der anderen Seite bis nach Denkendorf, wo die erste Kontrolle ist. Langsam wird das Wetter besser, die Sonne kommt raus. In der Ferne sehe ich die Bavaria-Buche von Pondorf (die aber ihre besten Zeiten hinter sich hat), und dann kommt bald die zweistufige Abfahrt zur Altmühl/Donau hinunter. Als ich die Essinger Spannbandbrücke fotografiere, sammelt mich die nächste Randonneurstruppe ein, und gemeinsam geht es nach Kehlheim und dann hinauf nach Ihrlerstein; läuft erstaunlich gut (dafür, dass ich alles andere als eine Bergziege bin).
An der Kontrollstelle treffe ich Felix; er ist kurz vor dem Aufbruch, wartet aber auf mich. Ich muss was essen; dann geht es weiter, den endlosen Berg Richtung Hemau hinauf. Felix ist aber schon wieder auf und davon, ich kann nicht mithalten. Er fährt mit Martin K., der mit einem Quest-Velomobil unterwegs ist, das mit Aufklebern wie ein Haifisch aussieht. Bergauf ist er erstaunlich fit (das Quest ist ganz schön schwer), bergab dafür umso schneller, aber das kann er kaum ausfahren, sondern er hat sich Bremsfallschirme gebastelt, damit bei langen Abfahrten die Bremsen nicht überhitzen. Diese Probleme habe ich nicht; der Gegenwind bremst mich bergab schon ordentlich, außerdem war es nur an der Donau etwas sonnig, im Norden vom Altmühltal ist es wieder bedeckt. Ab Otterzhofen geht es endlich leicht bergab, und dann unten von Dietfurt nach Beilngries entlang dem Kanal in einem trüben Nieselregen mit Gegenwind. Bäh.
Hinter Beilngries kommt das nächste Schmankerl, der Hirschberg. Kontrollfrage notieren, weiter. Die steile Abfahrt nach Kinding auf nasser Straße macht keine Probleme. Dann endlich wieder eine Kontrolle – der Nieselregen wird immer stärker und widerlicher. Nachdem ich mich gestärkt und mit einem Kaffee aufgewärmt habe, geht es weiter. So schnell wie möglich heim, denke ich mir, und vergesse dabei, dass Karl hier eine neue Streckenführung hat. Ich schalte das Hirn aus und fahre auf der Strecke vom letzten Jahr durch das Tal. Bei Gungolding geht es auf eine Parallelstraße; ich bin mit zwei anderen Radlern, die ich aufgesammelt habe, unterwegs, aber verliere sie bei Inching – bei mir fühlt sich das Rad plötzlich sehr komfortabel an, ich habe einen Platten, und muss flicken. Bei Pfünz sammele ich dann eine andere Gruppe auf, und fahre hinter ihnen her durch Eichstätt. In Obereichstätt halten sie; ich fahre weiter, es wird langsam dunkel, und bald kommt schon der steile Berg aus dem Tal hinaus. Während ich mich hochkämpfe, kommen die Lichter der anderen im Tal näher. Gemeinsam mit den schnellsten von ihnen komme ich oben an.
Nach einer Steigung bei Schöndorf geht es aber gleich wieder runter ins Tal bei Essling, wieder mit enger Serpentine, so dass man es nicht laufen lassen kann; um die Ecke geht es dann gleich wieder hinauf nach Hochholz. Man hat ja gelernt, zu leiden. Irgendwann kommt dann endlich Bieswang, und nach einigen weiteren Wellen komme ich gegen acht Uhr abends in Osterdorf an. Martin ist schon seit vier Stunden hier, obwohl er auch einen Platten hatte; nach Denkendorf ist er mit 35 km/h raufgeheizt. Jetzt endlich eine warme Suppe. Dieses Brevet war weniger für die körperliche, sondern eher für die psychische Ausdauer.
Am nächsten Tag frühstücken wir ausführlich und fahren erst um 12 Uhr (Sommerzeit-Umstellung!) los. Ich bin immer noch fertig, kann nicht volles Tempo fahren. Martin hält immer wieder an und holt uns locker wieder ein. Wieder zäh durch das Wellheimer Tal, in Burgheim wieder Auto-Proleten, in Illdorf machen wir dann endlich eine Pause. Essen, ausruhen. Bin fertig. Martin verabschiedet sich dann – ihm ist unser Tempo zu langsam, er friert. Hinter Sandizell wird die Straße nass, und dann beginnt vor Aichach der Regen. Nicht schlimm, aber eklig. Bei Maria Birnbaum stellen wir uns in einem Bushäuschen unter, weil ich auch noch einen Platten habe. Der Regen hört nicht auf, es wird kälter, 4 °C, dann 3 °C. Irgendwo vor München wird es dann auch Felix zu kalt, er macht Tempo; ich bin alleine. Mit letzter Kraft schleppe ich mich am Rangierbahnhof vorbei nach Hause. Um halb acht bin ich da, und gut fertig.
Dieses Mal ist die Wettervorhersage hervorragend. Zum Glück, denn ich habe vorne kein Schutzblech – nach dem Debakel mit den zwei Pannen beim letzten Mal habe ich mir endlich neue Reifen geleistet, vorne ist er aber zu breit für das alte Schutzblech. Und eine neue Bremse ist dran, die alte ist kurzfristig beim Entlüften inkontinent geworden, und Martin hatte mir kurzfristig ausgeholfen. Da er und Felix lieber zur Spezialradmesse fahren, bin ich diesmal alleine angereist – aus Zeitgründen am Vorabend mit dem Zug, und dann bald schon ins Bett.
Um 8 Uhr geht es los; zuerst rollen wir runter nach Pappenheim, durch den Ort, am Bahnhof vorbei, und dann geht es hinter der Unterführung bergauf nach Langenaltheim. Ich rechne schon damit, dass hier die anderen an mir vorbeiziehen werden, aber ich komme gut mit; es ist nicht übermäßig steil, und ich irgendwie fitter als gedacht. Ich treffe Johannes (normalerweise ist er schneller als ich), und gemeinsam geht es weiter. Bei Wittesheim halten wir kurz an, weil sich bei Andreas ein Expander im Rad verfangen hat; ich habe schnell mein Swisstool zur Hand.
Dann geht es bei bestem Sonnenschein über die Hügel des Frankenjura, hinunter Richtung Donau; ich unterhalte mich ein Stück lang mit Rainer; aber nach einem Foto-Stop ist er weg. Unten, an der Donau, hole ich ein paar andere Radler ein (momentan fahren alle ein ähnliches Tempo), und es geht auf kleinen Straßen Richtung Südosten nach Pöttmes; zuerst flach, dann leicht wellig. Inzwischen bin ich mit Johannes und Andreas unterwegs; sie hängen mich kurz vor Aichach ab, aber da dort Kontrolle ist, treffe ich sie gleich wieder. Am Supermarkt sind ein paar Bierbänke aufgestellt und wir werden von einem Transparent mit der Aufschrift „Wir begrüßen das Radteam aus Osterdorf“ empfangen; ein paar Verkäufer stehen draußen und verkaufen Würstl, Bananen und Getränke. Klar, sie verdienen an uns nicht schlecht. Im Supermarkt gibt es außerdem gerade als Promotion-Aktion Rivella kostenlos; Andreas weiß von einer Schweiz-Tour: „Rivella macht schnella!“
Während wir Pause machen, kommt Karls Truppe an; sie halten sich aber nicht lange auf, und so machen wir uns ungefähr gleichzeitig auf den Weg. Es geht nach Süden aus Aichach hinaus, dann wird die Strecke hügelig, und irgendwie kommt Karls Truppe nicht so richtig in die Gänge, ich hänge sie an einem Hügel vor Maria Birnbaum ab. Die Strecke kenne ich, so fährt Martin immer nach München; ein Buckel folgt auf den anderen, wir kommen nach Adelzhausen, und dahinter bergauf über die Autobahn. Ich bin wieder mit Johannes unterwegs. Ein Schild warnt, dass die Straße gesperrt sei – macht nix, wir biegen eh gleich ab, allerdings kommt die Baustelle vorher. So pflügen wir durch den Kies, nur gute 100 m, dann geht es weiter, und gleich die Abzweigung nach Süden. Die Straßen sind jetzt wirklich winzig und führen über verschlafene Dörfer, man sieht in der Ferne die Alpen. Dann kommt ein Berg, dann eine Abfahrt und über die Bahn, und wir sind in Mammendorf – nächste Kontrolle, an einem etwas verschlafenen Supermarkt. Das ging flott; entsprechend halten wir uns nicht auf, sondern fahren gleich weiter.
Bald geht es durch einen Wald bergab ins Ampertal bei Schöngeising, und auf der anderen Seite dann wieder bergauf über Mauern und Etterschlag, vorbei am Wörthsee, hinauf nach Seefeld, und dort kommt dann eine heftige Geländestufe – in zwei Serpentinen geht es sehr steil hinauf nach Drößling. Johannes hängt mich hier gut ab (und nicht nur, weil ich Schloss Seefeld fotografiere); das Tempo war die ganze Zeit schon relativ flott, und jetzt brauche ich wirklich Futter. Entsprechend zäh geht es auf den letzten Kilometern, die immer leicht bergauf gehen, nach Andechs. Dort im Biergarten gönne ich mir eine fette Ofenkartoffel, eine Radlermaß und eine Riesenbreze. Die Frau an unserem Tisch staunt über unsere Tour.
Eigentlich wäre jetzt ein Mittagsschlaf ganz nett, aber Johannes will möglichst schnell weiter. Wasservorräte auffüllen, und ab geht’s. Hinter Trödlern bremsen wir den Berg hinunter nach Herrsching, und dann geht es über eine wellige Strecke mit viel Verkehr parallel zum Ammersee nach Norden; zudem liegt mir das Essen im Magen, ich tue mich etwas schwer. Ab Inning sind wir endlich von dieser verkehrsreichen Straße runter; dann verfahren wir uns noch an der Amper-Brücke, weil die Radweg-Beschilderung sehr irreführend ist. Über diverse langgezogene Steigungen geht es hinauf aus dem Ampertal nach Jesenwang; teilweise ist die Landschaft recht exponiert, so dass die heftigen Ostwindböen richtig angreifen können. Über Odelzhausen geht es weiterhin über winzige Straßen nach Altomünster.
Dort kann man die Kontrollstelle frei wählen; Johannes lotst mich zum Supermarkt, wo wir Pause machen. Brauche ich. Ich esse eine Kleinigkeit und trinke einen Energy-Drink – genau richtig jetzt. Dann fahren wir weiter; hinter dem Ort kommen ein paar kurze, aber heftige Wellen, und dann kommt überraschenderweise eine Abfahrt in ein Tal – wir fahren in der Abendsonne durch das Weilachtal, der Wind ist eingeschlafen, es ist ein lauwarmer Frühlingsabend, hinter den Hügeln geht langsam die Sonne unter. Bei Rettenbach geht es noch einmal über eine kleine Kuppe, dann sind wir in Schrobenhausen, und nicht viel später kommt vor Langenmoosen die Abfahrt hinunter ins Donaumoos.
Inzwischen ist es ganz dunkel, und unsere Scheinwerfer durchschneiden die Nacht. (Ich habe zum ersten Mal den Edelux am Rad, ein LED-Scheinwerfer, der einfach ein sensationelles Licht macht.) Wir rasen nur so dahin, auf schnurgeraden Straßen; irgendwo kommen und Fahrradscheinwerfer entgegen – wohl auch Randonneure, die glauben, sich verfahren zu haben. Ob wir den richtigen Weg genommen haben, weiß ich nicht, man kann hier so oder so zickzack nach Neuburg fahren, wo in einem McDonald’s an der Umgehungsstraße die nächste Kontrolle ist. Dort sehen wir kurz andere Radler; wir essen nichts, machen nur eine kurze Pause, und dann geht es wieder weiter.
Wir fahren durch Neuburg durch, überqueren die Donau, und dann geht es bergauf. Es kommt mir endlos vor. Die Abfahrt hätte ich viel früher erwartet. Aber jedes Mal, wenn es runter geht, geht es bald schon wieder noch weiter hoch. Dann endlich runter nach Hütting, und weiter nach Norden durch das Wellheimer Trockental. Es zieht sich, wieder einmal. Dann sind wir endlich in Dollnstein, queren die Stadt, und müssen dahinter auf die Jurahochebene rauf. Es dauert zwar, geht aber. Vor uns taucht ein Rücklicht auf – ein weiterer Liegeradfahrer. Wir fahren den Rest der Strecke zu dritt. Eher gemächlich geht es über den welligen Rest der Strecke dahin, den wir schon von diversen Brevets kennen, und erreichen dann um Viertel nach Mitternacht Osterdorf. War eine wirklich schöne Tour – bei bestem Wetter durch die Frühlingslandschaft, und mit den neuen Marathon-Racer-Reifen und einem Sack auf dem Gepäckträger statt seitlichen Satteltaschen lief es wirklich gut.
Am nächsten Tag fahre ich dann das Altmühltal entlang, nach Eichstätt; leider ist es nicht mehr so sonnig wie gestern, und es zieht sich – der Ostwind macht sich bemerkbar. Ich besuche Michael und Kerstin, wir sitzen auf dem Balkon, und ich bekomme den Tipp, über Pfünz zu fahren. Das mache ich auch; es ist eine winzige, verkehrsarme Straße, durch die man das Altmühltal durch ein kurviges Seitental verlässt, und erst vor Eitensheim stoße ich auf die Bundesstraße. Gegen den Wind kämpfe ich mich nach Ingolstadt, und weiter nach Süden bis Reichertshofen. Dort wechsle ich hinüer ins Ilmtal bei Rohrbach; dieses Stück ist ziemlich hügelig. Im Ilmtal ist man zwar etwas geschützt vor dem Ostwind, aber gut laufen tut es trotzdem nicht – ich bin etwas fertig, es geht die ganze Zeit leicht bergauf, und eben der Wind. So bin ich mehr als froh, als ich abends zu Hause ankomme, und mich erst einmal ausruhe. Nein, ich bin froh, nicht auf der Spezialradmesse gewesen zu sein, denn dann hätte ich frontal gegen diesen Wind über 300 km weit nach Hause fahren müssen.
Das 400er-Brevet startet in Osterdorf Freitag abends, damit die Leute erst im Laufe des nächsten Tages zurückkommen, und nicht bereits über die ganze Nacht verteilt. So müssen wir schon am Freitag anreisen; aber dann erfahren wir, dass es eine Fernsehsendung über Pappenheim geben soll, und ein Fernsehteam uns im Laufe des Freitags interviewen will. Also kommen wir schon am Donnerstag. Nachmittags nach der Arbeit geht es los; Felix lässt etwas auf sich warten, aber dann sind wir unterwegs, raus über die Ruderregattastrecke, durch Dachau, bei viel Verkehr weiter nach Nordwesten; schließlich wechseln wir bei Erdweg auf eine kleinere Straße, die uns nach Altomünster bringt. Dort gibt es erst mal eine Pause bei der Eisdiele.
Dann geht es weiter durch die Abendsonne. Wieder auf der Strecke, die mir beim letzten Brevet so gut gefallen hat, durch das Weilachtal nach Schrobenhausen; dann aber östlich der Stadt vorbei und bei Karlshuld durchs Donaumoos, weil unser Ziel heute Eichstätt ist. Hinter der Donau bei Irgetsheim geht es erst einmal sehr steil den Berg nach oben, um hinter des Höhenzugs aber wieder steil hinunter nach Pettenhofen zu gehen; gerade geht die Sonne unter. Ab hier ist es eine sehr winzige Nebenstraße, die uns durch das moorige Tal der Schutter führt; der stille Bach spiegelt zwischen den Bäumen. Danach geht es wieder bergauf, über Buxheim und Tauberfeld; dann noch ein kleines Stück rauf, bevor es wieder bergab geht, durch das windungsreiche Seitental vom letzten Mal hinunter nach Pfünz, und dann noch die letzten paar Kilometer nach Eichstätt. Dort erwarten uns Michael und Kerstin schon in der Pizzeria; wir sind zwar eine halbe Stunde zu spät, aber trotzdem, vier Stunden reine Fahrzeit sind in Ordnung.
Am nächsten Tag, nachdem wir bei den beiden gut geschlafen und uns beim Frühstück gestärkt haben, geht es durch das Altmühltal Richtung Osterdorf. Wir treffen uns um 10 Uhr in Essling mit dem BR-Fernsehteam, damit sie vor der Kulisse der Zwölf Apostel ein paar Aufnahmen von uns machen können. Auf dem Weg dorthin ist es bewölkt und regnerisch; wir sind etwas früher dran, und als der hellblaue BR-Bus auftaucht, kommt wieder die Sonne raus. Nachdem wir ein paar Worte gewechselt und Felix mit einem Mikrofon verkabelt wurde, geht es auf die andere Seite der Altmühl. Hier ist der Altmühlradweg für ein paar hundert Meter geteert, und die Fernsehfritzen können wunderbare Aufnahmen machen – sie lauern hinter einem Busch und geben uns Zeichen, dass wir kommen und vorbeifahren sollen. Danach fahren wir ihnen hinterher nach Solnhofen, dort bergauf wieder auf die Hauptstraße, und auf dieser bis kurz vor Treuchtlingen. Während dessen wird Felix aus der geöffneten Seitentür heraus interviewt. Bei Dietfurt sind die Aufnahmen beendet, sie verabschieden sich, und wir strampeln den Berg hinauf nach Osterdorf.
Dort angekommen gibt es erst einmal nichts zu tun – es ist Mittag, und das Brevet startet erst abends. Während wir unser Zeug herrichten, interviewt das Kamera-Team Karl Weimann, während er nach Osterdorf hochstrampelt, und anschließend die Tridem-Brothers. Interessanterweise wollen sie von allen wissen, ob man bei der Anstrengung einen Kick bekommt – aber alle haben es verneint, Randonneure haben andere Beweggründe. Ich lege mich nochmal in meinen Schlafsack und schlafe eine Weile; Ereignislosigkeit, nachdem man etwas getan hat, macht müde. Das Wetter schlägt währenddessen Kapriolen, Sonnenschein wechselt sich mit heftigen Schauern ab.
Langsam tröpfeln die Leute ein, es wird Abend, und die Vorbereitungen für die Abfahrt laufen an. Es ist zwar noch bedeckt, aber regnet nicht mehr; entsprechend habe ich mich warm angezogen, natürlich mit Warnweste, aber kein Regenzeug. Wir verlassen Osterdorf in der Abenddämmerung Richtung Osten, werden dabei vom Kamera-Team begleitet – es muss für die ein bizarrer Anblick sein, ein Haufen von Leuten, die locker plaudernd in gemütlichem Tempo dahinfahren, dabei aber die Nacht durchfahren wollen und 400 km vor sich haben; in den nassen Wiesen steigt der Nebel auf, und in der Ferne zucken noch ein paar Blitze.
Nach ein paar Kilometern verzieht sich das Fernsehteam, und eine Weile später beginnt es dann tatsächlich noch zu regnen. Nur ganz leicht; so verzichte ich erstmal auf Regenzeug. Aber dann wird es immer stärker; als wir hinter Pollenfeld den Berg hinunter ins Altmühltal fahren, schüttet es so, dass ich lieber langsam fahre, alleine schon weil die Regentropfen so ins Gesicht stechen. Unten geht es dann ein paar Kilometer dahin, bis wir Kinding erreichen. Dahinter geht es erst einmal im Tal dahin bis Beilngries, und dann steil den Berg hinauf nach Kevenhüll; zum Glück hat der Regen aufgehört. Ich bin nass, aber es ist nicht kalt. Anstrengend, muss was essen. Bald schon geht es wieder nach unten, ins Tal der Weißen Laaber, von Unterbürg bis Hohnstein. Dann geht es wellig weiter durch die Nacht, vorbei an Seubersdorf; es sind immer noch erstaunlich viele Radler zusammen, nur ganz langsam löst sich die Gruppe auf; neben mir fährt Franz und textet mich zu, Felix ist ein Stück weiter vorne. Vor Velburg queren wir das Tal der Schwarzen Laaber, und irgendwann bin ich dann mit Felix alleine. Wir müssen durch Utzenhofen, das wäre einfach geradeaus auf der Straße; aber Felix sagt, die offzielle Strecke führt über Freischweibach, und darum fahren wir auch so. Ist ein Umweg und bergiger, aber ... nun gut. Der Vorteil ist, dass es eine absolut winzige Straße ist; vom Ort aus geht es schnurgerade steil den Berg hinauf, und dahinter wieder ebenfalls steil nach unten ins Nachbartal nach Mühlhausen, dieses ein Stück entlang bis Utzenhofen, und dort gleich wieder am gegenüber liegenden Hang steil nach oben. Die dichte Bewölkung reißt gerade auf, der Vollmond kommt zum Vorschein. Wir machen ein paar Fotos – Langzeitbelichtungen mit der nassen Straße, dem Standlicht unserer Fahrräder, und der vom Vollmond beleuchteten Landschaft.
Hinter dem Höhenzug geht es steil hinunter nach Kastl im Lauterachtal. Von Erzählungen weiß ich, dass es ein sehr hübsches Städtchen sein muss, und das ist es auch. Wir treffen auf ein paar andere Radler, die sich über den Weg nicht sicher sind (da bin ich dank GPS etwas im Vorteil); es geht durch die hübsche Altstadt, und durch eine Gasse neben dem Rathaus vorbei hinaus in ein einsames Seitental. Mit Felix und Elisabeth fahren wir das Tal hinauf; der Weg ist schmal, weit und breit kein Haus, unsere Scheinwerfer schneiden Lichtkegel in den Nebel.
Es geht endlos weiter nach oben, und es wird immer steiler. Nach Betzenberg kommt nochmal eine heftige Steigung, bis wir in eine größere Straße einmünden, die uns nach ein paar Kilometern zur Hintereinfahrt der Autobahnraststätte Oberpfälzer Wald, wo schon andere Randonneure sind. Geschafft! Jetzt brauche ich was zum Futtern. Während wir Pause machen, treffen weitere Radler ein. Als sich dann eine Gruppe auf den Weg macht, hängen wir uns dran, weil eine etwas hakelige Strecke folgt, auf dem Vilstalradweg. Es erweist sich als gute Entscheidung, weil wir Leute mit Erfahrung dabei haben, die manche Ecken und Abzweigungen wiedererkennen, außerdem habe ich ein GPS und kann ihnen weiterhelfen, wenn sie unsicher sind. Dummerweise lag die Autobahnraststätte recht hoch, und das Vilstal liegt 200 m tiefer, so dass erst einmal eine Menge Abfahrten kommen, die man in der Dunkelheit nicht mit Vollgas fahren kann, gemischt mit Abzweigungen, an denen man abbremsen muss. Wenig reintreten, viel dahinrollen. So werden die Muskeln nicht warm, ich friere. Eine knackige Steigung wäre mir jetzt lieber.
Als wir dann hinter Poppenricht den Vilstalradweg erreichen, wird es besser. Es geht gleichmäßiger dahin, kurvig, aber ohne Abzweigungen; ich fahre voraus, weil ich im Nebel den Verlauf des Radwegs auf dem GPS sehe und so auf elektronische Sicht fahren kann – ich sehe, wann eine Kurve kommt und wohin ich abzweigen muss. Bei Hahnbach endet der Radweg, und es geht auf einer Straße weiter am Fluss entlang, bis Vilseck. Die Rennradler, mit denen wir zusammen fahren, waren schon die ganze Zeit recht langsam, jetzt haben sie endgültig einen Durchhänger, und Felix und ich fahren alleine voraus. Es kommt eine 90-Grad-Kurve nach links, weil geradeaus alle Straßen enden – vor uns liegt der Truppenübungsplatz Grafenwöhr, an dessen Südrand wir jetzt nach Westen fahren. Ein seltsames Niemandsland. Es zieht sich, weil es die ganze Zeit leicht bergauf geht, und weit und breit kein Ort ist.
Irgendwann erreichen wir dann Königstein. Die Innenstadt ist gepflastert, das nervt; außerdem verfahren wir uns, so dass wir extra viel Pflaster abbekommen. Hinter dem Ort geht es noch ein Stück weiter bergauf, bis schließlich eine längere Abfahrt hinunter an die Pegnitz kommt, nach Neuhaus. Es beginnt gerade zu dämmern. Parallel zur Bahn fahren wir nach Norden, um nach wenigen Kilometern den Veldensteiner Forst zu erreichen. Die Landschaft hat etwas seltsam-parkähnliches, ein eher lockerer denn finsterer Wald, und dazwischen eine schmale, aber gut geteerte Straße, und weit und breit kein Haus und kein Auto. Als wir nach einigen Kilometern bei Bernheck das Ende des Waldes erreichen, ist es schon hell, aber noch sehr feucht und dunstig. Felix braucht länger, er hat gerade einen Durchhänger; wir machen eine Pause, während dessen kommt die Truppe, mit der wir durchs Vilstal gefahren sind (und die wir hinter Königstein schon einmal wieder überholt hatten).
Vor der Autobahn geht es rechtwinklig ab nach Norden, und dann noch einmal durch einen langen, lockeren Wald. Und weiterhin immer leicht bergauf – die ins Pegnitztal verlorenen Höhenmeter müssen wir wieder reinstecken. Es zieht sich, ich sehne mich nach der Kontrolle, die dann irgendwann auch kommt – die Autobahnraststätte Fränkische Schweiz liegt am höchsten Punkt der Umgebung. Dort muss ich erst einmal ausführlich frühstücken, mit Rührei und allem. Und dann am liebsten noch etwas sitzen bleiben, aber Felix drängt zur Abfahrt. Na gut.
Ganz wach bin ich immer noch nicht; erstmal rollen wir den Veldensteiner Forst wieder ein Stück hinunter, dann geht es rechts ab unter der Autobahn durch. Es ist zwar jetzt schon längst hell, aber immer noch ist alles grau in grau, viel Feuchtigkeit hängt in der Luft von den Regenschauern gestern. Und ich fühle mich genauso; die Pause kam zu spät, ich bin müde und vollgefressen, ich bin nicht erschöpft, aber es läuft noch nicht so, wie es sollte. Es geht wellig dahin, durch Betzenstein; langsam bricht die Sonne durch und vertreibt den Wolkenschleier, es wird ein fantastischer Tag.
Hinter der B2 kommt dann eine lange Abfahrt, und bei Obertrubach erreichen wir das traumhafte Trubachtal. Kleine Orte, malerische Fachwerkhäuser, und links und rechts immer wieder eine dieser Felswände, die die Fränkische Schweiz zum Kletterparadies schlechthin machen. Egloffstein begrüßt uns mit seiner weithin sichtbaren Burg oberhalb der Stadt, und dahinter erblicken wir neben der Straße ein rauschendes Wasserrad. Romantischer geht’s nicht.
Wir folgen dem Tal bis zum Ende bei Ebermannstadt; unterwegs weist mich Felix auf ein Schild nach Wichsenstein hin, dort sei ein heftiger Berg, der beim 1000er-Brevet zu bezwingen sei. Im breiten Wiesenttal geht es erst ein Stück nach Norden, dann geht es ab ins Leinleitertal. Hier weiß Felix von einem Radweg, den wir dann auch finden. Dieser erweist sich bald als ehemalige Bahntrasse, die malerisch am Talrand entlang unter Bäumen verläuft, kurz unterbrochen vom Ort Unterleinleiter. Dann geht es weiter an der glitzernd plätschernden Leinleiter entlang, weit entfernt von der Staatsstraße am Hang gegenüber, bis wir schließlich Heiligenstadt erreichen. Dort verlassen wir das Tal; die Straße führt steil den Hang nach oben, in der Mittagshitze quäle ich mich hoch, halte gelegentlich an. Die Aussicht ist dafür gut. Im Wald wird es dann flacher, aber es steigt weiter, bis wir etwa bei Kalteneggolsfeld die Hochebene erreicht haben. Vorbei an einer Hochzeitsgesellschaft und ein paar Windrädern am höchsten Punkt geht es ab Tiefenhochstadt wieder bergab, rasant durch ein Seitental hinunter nach Buttenfeld, wo wir das breite Regnitztal erreichen. Das Ganze hätten wir natürlich einfacher haben können, einfach das Wiesenttal entlang, kürzer und vor allem ebenerdig, aber darum geht es hier nicht. Ein Randonneur fährt zwar lange Strecken, aber es ist nicht wirklich die Distanz, sondern eher die Eindrücke der Landschaft, die zählen. Das wird mir mehr und mehr bewusst. Mit der Erfahrung einiger Brevets weiß ich, dass ich es schaffen kann, mache mir weniger Gedanken, sondern lasse mich einfach darauf ein, wohin mich die Strecke führt.
Über eine fiese kurze Steigung fahren wir über Seigendorf nach Hirschaid, wo die nächste Kontrolle ist, eine Tankstelle am Stadtrand. Aber nicht so schön hier; wir halten uns nicht lange auf, ich esse nur eine Kleinigkeit. Jetzt geht es eh flacher dahin; zuerst nach Süden parallel zum Main-Donau-Kanal, und dann nach rechts entlang der Aisch. Es zieht sich; die Landschaft ist eher langweilig, ein weites, flaches Tal, der Fluss nirgends in Sichtweite, und zwischen den Feldern steht die Luft in der Mittagssonne. Mir geht langsam die Kraft aus, kann nur noch mit Mühe folgen – auch wenn es nur eben dahin geht, läuft es nicht mehr, Müdigkeit zieht sich durch den Körper, ich funktioniere nur noch passiv. Felix beschließt plötzlich, anzuhalten, und sich ein paar Minuten hinzulegen. Eigentlich wollte ich zügig zur nächsten Kontrolle kommen, die nicht weit weg ist, aber eigentlich bin ich todmüde und immer kurz vor dem Sekundenschlaf. Es war höchste Zeit. Ich kann zwar nicht wirklich schlafen, aber eine Viertelstunde im Gras liegen bewirkt Wunder.
Bei Adelsdorf verlassen wir die Aisch, es geht etwas trickreich durch ein Wohngebiet und dann kurz auf einer ehemaligen Bahntrasse; von den unzähligen Seen hier im Aischgrund sieht man nicht viel, sondern vor allem Felder; hinter der Autobahn geht es fast schnurgerade durch einen lockeren Wald, und dann erreichen wir Heßdorf mit der nächsten Kontrolle. Pause! Eis essen! Ich brauche Erholung.
Ab hier wird es wieder wellig, weil wir ein Tal nach dem anderen queren. Auf der einen Seite runter, unten vielleicht zweimal abbiegen, und auf der anderen Seite wieder rauf. Eigentlich bin ich immer noch erschöpft, darum wäre mir etwas Flaches lieber. Aber da die Steigungen zwar anstrengend, aber immer nur kurz sind, läuft es ganz gut. Zuerst queren wir die Mittlere Aurach westlich von Herzogenaurach, dann die Zenn bei Retzelfembach, dann kommt Cadolzburg, wo es durch den Ort auf einer viel befahrenen Straße steil nach oben geht. Dann wird die Biebert bei Vincenzenbronn gequert, und die Schwabach bei Rohr. Erstaunlicherweise bin ich ziemlich fit; die gleichmäßig wellige Landschaft tut gut, und wir liefern und sogar ein Rennen mit ein paar anderen Randonneuren. Ich kann das aber nicht ewig durchhalten, und sehne mich nach der nächsten Pause; es sind nicht nur diese vielen Täler, sondern die Strecke steigt seit der letzten Kontrolle auch kontinuierlich an.
Wir queren einen weiteren Fluss namens Aurach, das war dann das letzte Quertal. Langsam brennt die Nachmittagssonne auf meinen Armen – sonnig war es ja schon fast den ganzen Tag, aber auch dunstig; jetzt ist auch dieser Dunst weg, und der Sonnenbrand kann kommen. Heute früh in der klammen Kälte sah es nicht nach Sonnencrème aus. Wir fahren über kleine Straßen südwestlich von Abenberg vorbei, Wald und Felder wechseln sich ab, und zwischen diesen sehr hübschen Orten kommen die ersten Hopfenfelder – wir sind im Spalter Hopfenland. In Untersteinbach kommt dann die letzte Kontrolle, in der Garage einer Familie, die ein beeindruckendes Buffet aufgefahren haben, um müde Randonneure zu versorgen. Und von denen ist auch ein ganzer Haufen anwesend und pausiert.
Mit einer größeren Gruppe fahren wir dann weiter, hinunter nach Georgensgmünd, das wir über eine kleine, unscheinbare Gasse erreichen. Von dort aus geht es einfach auf der Staatsstraße nach Süden, die teilweise auch recht hübsch ist. Pleinfeld, dann Ellingen mit seinem prächtigen Schloss, und dann Weißenburg. Die Fahrt hat jetzt den Charakter von Ausrollen, die Gruppe hat ein gemütliches Tempo, und wir genießen die wärmende Abendsonne. Hinter Weißenburg kommt dann noch die letzte Prüfung, die Ludwigshöhe – mit Kontrollfrage, damit niemand abkürzt. Steil geht es nach oben, 12%, 200 Höhenmeter am Stück. Grenzwertig; noch mehr bewundere ich Emily, die mit ihrem Fixie zwar kurz absteigen muss, aber letztenlich das Brevet genauso schnell wie ich, aber auf einem Aufrechtrad ohne Gangschaltung bewältigt hat. Als letzte Kür kommt noch eine Abfahrt ins Laubental, und drüben wieder hinauf nach Geislohe; und kurz danach sind wir schon in Osterdorf, mit dem letzten Licht der Abenddämmerung. Das war ein wunderschönes Brevet – gerade die Fränkische Schweiz, die ich noch gar nicht kannte, hat mich sehr beeindruckt.
Am nächsten Tag fahren Felix, Johannes und ich dann ebenfalls mit dem Fahrrad nach Hause; wie üblich über Pappenheim, Dollnstein, Wellheim, hinter Hütting machen wir Pause; an der Donau verabschiedet sich Johannes, und wir probieren eine neue Strecke, von Burgheim über Dezenacker nach Schrobenhausen, und von dort wie auf der Hinfahrt durch das Weilachtal. Alles bei bestem Traumwetter. In Altomünster suchen wir wieder die Eisdiele auf, genehmigen uns Eis und Pfannkuchen, und fahren dann die letzten Kilometer nach München.