Wie intelligent sind Tiere? Kann man von ihnen Rücksichtnahme erwarten? Können sie sich in Menschen hineinversetzen, an welche Verbote halten sie sich, und an welche nicht? Ganz aufschlussreich war bei diesen Fragen, das Verhalten unseres kleinen schwarzen Katers „Mucki“ zu beobachten.
Wie bei jedem Tier war bei Mucki die meiste Intelligenz vorhanden, wenn es darum ging, jemanden dazu zu bringen, ihm Futter zu geben. Er hatte schnell raus, wie man Leute nervt.
Wenn man dann Richtung Futternapf lief, rannte er freudig voraus; als wir ein paar Mal dann doch nicht mitgelaufen sind, wurde er misstrauisch, und hat sich seitdem immer alle paar Schritte umgeschaut, ob man ihm noch folgt. Er lief immer die kürzeste Strecke, und weil ein Mensch eben einen deutlich größeren Kurvenradius um die Ecken braucht, kreuzte er einem damit mehrfach den Weg, und man musste immer aufpassen, dass man nicht über ihn drüberstolpert. Für dieses Problem hatte der Kater keinerlei Aufmerksamkeit, und änderte sein Verhalten nie.
Katzen springen einem gerne auf den Schoß, und wenn sie sich dabei etwas dumm anstellen und abrutschen, halten sie sich mit den Krallen fest. Wie soll man aber einer Katze klar machen, dass das weh tut? Bei Mucki war das kein Problem; innerhalb kurzer Zeit bemerkte er von selbst, dass das wohl nicht nett ist, und verhielt sich ab dann sehr rücksichtsvoll.
Jagdinstinkt: Der ist definitiv angeboren. Als es im Frühjahr viele Fliegen bei uns im Wohnzimmer gab, setzte Mucki sich ans Fenster, fing die Fliegen mit den Vorderpfoten, zog sie zu sich hin, und verspeiste sie. Das hat er sogar manchmal mit Bienen/Wespen gemacht, nie gab es Probleme. Im Jahr darauf hatte er aber diese Technik wieder vergessen, und widmete sich Mäusen (Feldmäuse, Spitzmäuse und fette Wühlmäuse) und anderen Kleintieren. Das hat er ganz von alleine gelernt; angeboren zu sein schien das generelle Interesse an dunklen Löchern (Mauseloch!). Frösche, Eidechsen und vermutlich auch Vögel wird er einige erlegt haben, aber zahlenmäßig wenige gegen die Anzahl der Mäuse. Als er tot war, ist die Mäusepopulation explodiert, am hellichten Tag liefen sie durch den Garten.
Irgendwann, nach etwa zwei Jahren, hat er gelernt, dass er eine angelehnte Tür aufdrücken kann (wobei er sich immer auf die Hinterpfoten stellte und sich in den Tüspalt fallen ließ); aber die Bedienung einer Türklinke hat er nie begriffen oder auch nur ausprobiert.
Weil auf einem der Fensterbretter in meinem Zimmer Pflanzen stehen, wollte ich den Kater dort nicht haben, und verscheuchte ihn jedesmal, als er dorthin wollte. Daran hielt er sich – in den folgenden Jahren habe ich ihn nie auf diesem Fensterbrett erwischt, während er auf dem anderen oft saß.
Erstaunlich gut funktionierte es, wenn man ihm Zecken entfernte oder auch Augentropfen verabreichte (da war er nur etwas ängstlich). Beim Anlegen eines Halsbands hat er sich aber stark gewehrt, und als wir ihn in die Fahrrad-Satteltasche verluden, um ihn zum Tierarzt zu fahren, kämpfte er wie um sein Leben (aber nur mit Kraft, ohne Zähne oder Krallen), und kam nach der Fahrt völlig verstört wieder heraus.
Interessant war einmal der Winter. Es lag Schnee, und wir trafen ihn in der Nähe des Teichs. Ich nahm ihn und wollte ihn auf die Eisfläche setzen, aber er wehrte sich, wie als habe er Angst vor dem Wasser. Konnte ich nicht verstehen, und so setzte ich ihn trotzdem ab – daraufhin war er sichtlich extrem verblüfft, dass er nicht nass wird; diesen fragenden Blick werde ich nie vergessen!
Bemerkenswert fand ich auch, dass dieses Tier kein bisschen nachtragend war. Wenn man ihm aus Versehen auf den Schwanz getreten ist, schrie er nur kurz auf – aber das war es. Und als wir ihn aus Versehen im Schuppen einsperrten und erst am nächsten Tag befreiten, war er jedesmal darüber sichtlich dankbar, kein bisschen wütend. Außerdem: Wenn einem Menschen ein Missgeschick passiert, dann flucht er bzw. ärgert er sich sichtlich – als dagegen unser Kater z.B. auf dem glatten Parkettboden ausrutschte, weil er die Kurve etwas zu schnell genommen hatte, stand er sofort wieder auf und lief weiter, als sei nichts gewesen.
Weil er viel im Garten war, weigerte er sich, Leitungswasser zu trinken, sondern stillte seinen Durst draußen aus Pfützen und Teichen. Irgendwann haben wir ihn dann dabei beobachtet, wie er aus der Kloschüssel trank – wir betreiben nämlich unsere Klospülungen mit Regenwasser, und das hat unser Kater erkannt (er konnte das riechen) – zum Glück wusste er nicht, wofür ein Klo normalerweise gedacht ist.
Dass er auf seinen Namen hörte, war ja nichts Ungewöhnliches. Aber etwas erstaunt war ich schon, als ich eine CD im Player hatte, auf der das Wort „Mucki“ vorkam („Ebeneezer Goode“ von The Shamen) – wie elektrisiert schaute er sich um, woher diese Stimme kam, die seinen Namen gerufen hat. Und einmal rief ihm mein Vater zu: „Mucki, geh zur Katrin!“, woraufhin der Kater (zwar zögernd und mit fragendem Blick) Richtung Katrins Zimmer marschierte (er wusste, wer wo sein Zimmer hat).
Wie jede Katze war der Mucki auch sehr verspielt; sehr gerne versteckte er sich – beispielsweise hinter einer (offenen) Glastür (mit geriffeltem Glas, d.h. nicht ganz durchsichtig), so dass er sehen konnte, wenn sich jemand näherte, und dieser Person sprang er dann ans Bein und klammerte sich daran fest. Oder: Oft versteckte er sich hinter einer Ecke und lugte mit einem Auge hervor; wenn man es dann genauso machte, interpretierte er das gleich als Aufforderung zum Versteckspiel, und rannte zu einem hin: „Ich habe dich gefunden!“
Während er im Allgemeinen sehr rücksichtsvoll war, gab es doch ein paar Situationen, in denen das anders war. Beispielsweise mochte er Papiertüten sehr gerne; wenn man ihm so eine gab, rannte er wie ein Geschoss hinein und zerfetzte sie. Die Lok der Modelleisenbahn konnte er auch nicht in Ruhe fahren lassen, sondern warf sie um; und um einen schönen Aussichtspunkt zu haben, machte er einmal eine Balkonpflanze platt. Den Papyrus in meinem Zimmer mochte er auch ganz gerne (zur Verdauung, gegen die verschluckten Haare), aber da konnte ich ihn wenigstens davon überzeugen, dass er nicht mitten in der Pflanze herumwalzen muss, um an einem Blatt herumkauen zu können.
Als einmal im Fernsehen Tiere gezeigt wurden, sprang er zum Fernseher hoch und versuchte, im Sprung hineinzulangen – aber er hat wohl selbst eingesehen, dass das irgendwie nicht funktioniert. Und einmal habe ich ihn mit einer Tigermaske aus Pappe überrascht; vor Schreck sprang er erstmal einen Schritt rückwärts.
Als wir an einem schönen Sommerabend draußen saßen und das jährliche Feuerwerk zur Volksfestzeit begann, zuckte der kleine Kater erschreckt zusammen und wollte weglaufen. Dann blickte er aber zu uns und sah, dass wir keine Angst haben, worauf er sitzen blieb und das Spektakel fasziniert bewunderte.
Als der Mucki einmal durch die gläserne Tür gesehen hat, wie ich nackt und schwitzend in der Sauna liege, muss ihn dieser Anblick ziemlich schockiert haben („Was machen die da mit ihm???“). Er miaute ängstlich an der Tür, aber als ich ihn dann reingelassen habe, war er wohl erleichtert. Lange hat er es in der Sauna aber nicht ausgehalten.
Dass Katzen ein ziemlich breites Nahrungsspektrum haben, wusste ich. Aber ich war doch etwas erstaunt, dass er sich für meine Banane interessierte, und dann sein Stück voller Genuss verspeiste.
Seit 2003 haben wir eine neue Katze (zugelaufen). Interessant, in welchen Punkten sich ihr Verhalten unterscheidet:
Wenn ihr etwas nicht gefällt, knurrt sie nicht, sondern wird sofort handgreiflich (Krallen, beißen).
Sie rollt ihren Schwanz nicht immer ein, sondern lässt ihn meist gerade nach hinten abstehen.
Auch wenn sie sehr gerne und erfolgreich Mäuse jagt, ist der Spieltrieb nur sehr schwach ausgeprägt. Mit einem Tischtennisball kann man sie nur gelegentlich zu Aktivität animieren.
Sie spaziert sehr gerne über das Hausdach, um an den Dachfenstern um Einlass zu bitten.
Sie miaut häufig und laut, oft ohne erkennbaren Grund. Vielleicht will die prophylaktisch Aufmerksamkeit erregen, vielleicht ist ihr langweilig, und man soll ihr sagen, was sie machen soll.
Wenn sie sich zu einem ins Bett legt (leider, trotz Flöhen...), dann nicht am Kopfkissen, sondern ans Fußende.